Erben freuen sich in der Regel über einen attraktiven Nachlass, mit dem sie sich womöglich den einen oder anderen Traum erfüllen können. Doch aus dem vermeintlichen Traum kann ganz schnell auch ein waschechter Alptraum werden. Schließlich ist ein Nachlass vor allem dann attraktiv, wenn man ihn als alleiniger Erbe bezieht. Kompliziert wird es hingegen dann, wenn auch andere Erben vorhanden sind, mit denen man eine sogenannte Erbengemeinschaft bildet. Dann entpuppt sich ein Erbfall schnell mal als Konfliktherd. Dahinter steckt die Tatsache, dass die Erben den kleinsten gemeinsamen Nenner finden müssen, wenn es um die Verteilung des Nachlasses geht. In komplexen Fällen kann das nicht selten einige Jahre in Anspruch nehmen. Diese zehren dann nicht nur am Nervenkostüm, sondern können unter Umständen auch hohe Anwaltskoten mit sich bringen. Frei dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, kannst du diesem Alptraum aber auch vorbeugen. Möglich macht dies die sogenannte Abschichtungsvereinbarung, welche einen freiwilligen Austritt aus der Erbengemeinschaft bedeutet. Was dahinter steckt und wie das Ganze funktioniert, wollen wir dir im Folgenden einmal aufzeigen.
Abschichtungsvereinbarung: Für wen ist das interessant?
Das Gegenteil vom Alleinerben ist die sogenannte Erbengemeinschaft. Hier erhält nicht eine alleinige Person das gesamte Erbe. Stattdessen wird das Erbe auf alle Person verteilt, die sich in der Gemeinschaft befinden. Doch natürlich wird das Erbe nicht von Zauberhand auf jeden einzelnen Erben verteilt. Vielmehr müssen die Erben sich mit dem Nachlass auseinandersetzen und diesen unter sich aufteilen. Besonders einfach ist das Ganze dann, wenn der Nachlass ausschließlich Geld umfasst. In diesem Fall wird dieses einfach zu gleichen Teilen auf die Personen aufgeteilt. Wie sooft im Erbfall wird es erst dann kompliziert, wenn auch andere wirtschaftliche Güter hinzutreten. Klassische Beispiele sind hier Immobilien oder auch Anteile an Unternehmen.
Hier kann es schnell zu Streitigkeiten kommen, da man sich über die Verteilung der Vermögenswerte nicht einig ist. Mit steigender Mitgliederzahl der Erbengemeinschaft verlängert sich erfahrungsgemäß auch die Zeit für die Klärung der Verhältnisse. Es können mitunter sogar mehrere Jahre vergehen, bis es zur Einigung kommt und ein Erbe dann überhaupt einmal ausgezahlt wird. Der Gesetzgeber gibt hier keine Frist vor, weshalb man als Mitglied der Erbengemeinschaft auf die Kooperation der anderen Erben angewiesen ist. In manchen Fällen ist an eine Einigung allerdings nicht zu denken.
Möchte zum Beispiel ein Erbe gerne die Immobilie aus dem Nachlass gewinnbringend vermieten, ein anderer Erbe hingegen in selbiger wohnen und die übrige Gemeinschaft entsprechend auszahlen, handelt es sich um zwei deutlich unterschiedliche Ansichten. Dann kann nur noch ein Gericht helfen, das zwischen den Erben vermittelt. Mitunter sind die Ergebnisse aus der Gerichtsverhandlung wirtschaftlich gesehen für die Mitglieder der Erbengemeinschaft sogar von Nachteil. Dann hat man nicht nur viel Zeit und Nerven in eine Lösung investiert. Obendrein hat sich das Ganze nicht einmal wirtschaftlich gelohnt. Solltest du dir den Stress vorab ersparen wollen, ist eine Abschichtungsvereinbarung eine gute Lösung. So kommst du nämlich unkompliziert aus der Erbengemeinschaft und ersparst dir den üblichen Stress.
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Abschichtungsvereinbarung: Was steckt dahinter?
Grob zusammengefasst kommt eine Abschichtungsvereinbarung einem Verzicht auf den persönlichen Anteil am Erbe gleich. In diesem Fall geht dein Anteil im Gesamterbe auf und wird dementsprechend bei Ausschüttung des Erbes auf die übrigen Erben übertragen. Der große Vorteil der Abschichtungsvereinbarung ist die Einfachheit. Schließlich benötigst du für die Durchführung dieser Vereinbarung keine Unterstützung eines Notars. Das unterscheidet sie deutlich von einem bloßen Verkauf deines Erbanteils. Dahinter steckt die Tatsache, dass du bei der Abschichtungsvereinbarung eben keine aktive Übertragung deines Erbes durchführst. Stattdessen verzichtest du und dein Anteil geht in der übrigen Erbmasse auf. Insbesondere bei gut gefüllten Erbmassen möchte natürlich kaum ein Mitglied einer Erbengemeinschaft auf seinen Anteil verzichten. Deshalb ist es gelebte Praxis, dass man im Falle einer Abschichtungsvereinbarung mit einer Abfindung befriedigt wird.
Deren Höhe liegt in der Regel deutlich unter dem wirtschaftlichen Potential, das die Erbmasse hergibt. Das ist der Preis, den man dafür bezahlen muss, möglichst schnell Geld aus dem Erbe beziehen zu können. Schließlich nutzen die Miterben diesen Zeitdruck gerne aus, um das eigene Erbe ein wenig zu erhöhen. Neben dem Faktor Zeit ist es vor allem auch der Wunsch nach Familienfrieden, der viele Erben in die Abschichtungsvereinbarung treibt. Schließlich gilt das Erbe bei einigen Familien als wahrer Streitfaktor, der auf lange Sicht Unfrieden in der Familienstruktur schaffen kann. Erklärt sich ein Mitglied bereit, aus der Erbengemeinschaft auszutreten, kann das für große Erleichterung sorgen. Schließlich vereinfacht sie in aller Regel die Findung eines Kompromisses, wodurch sich die Dauer der Erbaufteilung deutlich verringern kann.
Abschichtungsvereinbarung: Die Vorschriften
Wie wir bereits geklärt haben, stellt eine Abschichtungsvereinbarung einen recht unkomplizierten Weg aus der Erbengemeinschaft dar. Hier genügt bereits ein formloses Schreiben, dass deine Absicht kundtut. Doch auch, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen einfach gehalten sind, darfst du hier gerne etwas kleinlich sein. Das betrifft insbesondere das Thema der Abfindung. Selbst, wenn du unter Zeitdruck stehen und schnell an Geld kommen wollen solltest, solltest du dir hier unbedingt ausreichend Zeit zur Kalkulation einräumen. Die Unterstützung eines Dritten, der sich mit Vermögenswerten auskennt, kann dir bei der Berechnung einer fairen Abfindung helfen. Nur, wenn die Abfindung angemessen ist, erfüllt die Abschichtungsvereinbarung auch ihren Sinn und Zweck, Frieden zwischen den Beteiligten zu wahren.
Innerhalb des Schreibens solltest du auch deinen zeitnahen Erhalt der Abfindung absichern. Das gelingt dir am besten dadurch, dass du den Übergang deines Anteils an den Erhalt der Abfindung knüpfst. Im Recht spricht man von der sogenannten „aufschiebenden Bedingung“. Als Bedingung gilt hierbei der Erhalt der Abfindung. Diese schiebt den Übergang deines Erbanteils auf die anderen Beteiligten solange auf, bis sie erfüllt ist und du sie erhalten hast. Strenger sind die Vorschriften dann, wenn zur Erbmasse auch Wirtschaftsgüter gehören, die nur mittels notarieller Beurkundung übertragen werden dürfen. So zum Beispiel bei Immobilien. Hier musst du mit Kosten für einen Notar rechnen, die bei deiner Kalkulation der Abfindung durchaus Beachtung finden sollten.
Abschichtungsvereinbarung: Andere Wege zum Erbaustritt
Die Abschichtungsvereinbarung ist keinesfalls alternativlos. Natürlich ist sie durchaus attraktiv, da du auf diesem Wege schnell und einfach an Geld kommen kannst. Doch damit du dich im Nachhinein nicht über deinen Schritt ärgerst, kann es nicht schaden, die Alternativen zu kennen. Der Gesetzgeber sieht im Erbrecht nämlich auch ein paar andere Wege vor, aus der Erbengemeinschaft auszutreten.
Verkauf des Erbteils
Zum einen kannst du deinen Anteil kurzerhand verkaufen. Geregelt wird das Ganze im § 2033 BGB. Das Komplizierte am Verkauf des Anteils ist, dass der Käufer gewissermaßen die Katze im Sack kauft. Schließlich lassen sich hier noch keine expliziten Wirtschaftsgüter nennen. Vielmehr muss das Gesamterbe noch zwischen den Beteiligten unterteilt werden. Wer jedoch Verhandlungsgeschick aufweist, kann mit dem Kauf eines Erbanteils ein tolles Geschäft machen. Die Zustimmung deiner Miterben benötigst du übrigens nicht, wenn du deinen Anteil verkaufen möchtest. Allerdings steht es ihnen frei, selbst als Käufer aufzutreten. Ein entsprechendes Vorkaufsrecht regelt § 2034 BGB. Der Verkauf des Erbteils ist nicht immer möglich. Befinden sich im Nachlass Immobilien, schließt das Erbrecht dies nämlich aus.
Schenkung
Solltest du das Vorkaufsrecht deiner Miterben unbedingt verhindern wollen, gibt es eine weitere passende Alternative zur Abschichtungsvereinbarung. So kannst du deinen Anteil kurzerhand einer anderen Person schenken. Für dich persönlich hat das keine wirklichen rechtlichen Folgen. Du verlierst lediglich deinen Erbteil. Anders sieht es beim Beschenkten aus. Dieser muss nämlich damit rechnen, Schenkungssteuer entrichten zu müssen. Ob das der Fall ist, richtet sich unter anderem nach der Höhe des Erbes. Liegt der Wert über dem einschlägigen Freibetrag, wird die Steuer fällig.
Erbauseinandersetzungsklage
Ein Erbfall kann eine echte Gefahr für den familiären Frieden darstellen. Ist das Kind einmal in den Brunnen gefallen und die Beziehung zu den Miterben allzu angespannt, ist eine Einigung meist unrealistisch. Doch das bedeutet nicht, dass man die ergebnislosen Verhandlungen hinnehmen muss. Vielmehr gibt es eine rechtliche Möglichkeit, die jeder Beteiligte der Erbengemeinschaft ergreifen kann. Die Rede ist von der sogenannten Erbauseinandersetzungsklage. Hier müssen sich nicht die Erben selbst einig werden. Vielmehr kümmert sich das zuständige Gericht um die Verteilung des Erbes.
Doch auch dieser Weg kann lang und steinig sein. Das ist zumindest dann der Fall, wenn die Erbmasse nicht vornehmlich aus Geld, sondern auch anderen Wirtschaftsgütern besteht. Immobilien, Unternehmensanteile und andere Werte müssen dann nämlich zunächst einmal vom Gericht in Geld „umgewandelt“ werden. Das geschieht auf dem Wege der Zwangsversteigerung. Dieses Vorgehen kann seelisch durchaus belastend sein. Schließlich werden dabei nicht selten auch lieb gewonnene Erbstücke zu Geld gemacht.
Achtung: Kein Schutz vor Verpflichtung
Ein Erbe muss nicht immer einen Geldsegen bedeuten. Umgekehrt kann Erbe nämlich auch verpflichten. Schließlich bringt so mancher Nachlass auch Verbindlichkeiten mit sich. Wer also denkt, sich mithilfe einer Abschichtungsvereinbarung vor der Nachzahlung von Schulden drücken zu können, hat Unrecht. Doch auch hier kannst du einem Schreckensmoment zuvor kommen. Zum einen kannst du mit deinen Miterben eine sogenannte Haftungsfreistellung vereinbaren. Im besten Fall fügst du diese direkt in deiner Abschichtungsvereinbarung ein. Die Freistellung muss sich dann klauselartig auf Ansprüche von Dritten beziehen und dich im Falle von aufkommenden Verbindlichkeiten befreien. Solltest du hingegen sicher wissen, welche Gläubiger es gibt, kannst du auch unmittelbar mit diesen eine Haftungsfreistellung vereinbaren.