Erbschein beantragen: Kosten, Verfahren und Möglichkeiten zur Kostenminimierung

Kommt es zum Tod eines nahestehenden Menschen und gilt man selbst als Erbe, ist es in vielen Fällen notwendig einen Erbschein zu beantragen. Diesen beantragt man beispielsweise beim Wohnsitzgericht des Erben. Im Grunde bestätigt der Erbschein die Erbenstellung einer Person. Der Schein hat einen gewissen öffentlichen Glauben in die Erbenstellung, was unter anderem aus § 2366 BGB folgt. Beantragt man nun diesen Schein, kann es dazu kommen, dass dieser Erbschein Kosten verursacht. 

Wir erklären dir genau, welche Kosten beim Beantragen des Erbscheins entstehen können, ob man diese umgehen kann und wenn ja, wie dies grundsätzlich möglich ist.

Erbschein beantragen: Diese Kosten entstehen

Um die Kosten für die Beantragung eines Erbscheins ermitteln zu können, muss man lediglich einen Blick in das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) werfen. Hier wird einem eine ausführliche Tabelle präsentiert, die sich am Wert des jeweiligen Nachlasswertes orientiert. Dass sich die Gebühren für den Erbschein am Nachlasswert orientiert, geht aus § 40 Abs. 1 GNotKG hervor. In dieser Vorschrift ist beispielsweise auch geregelt, was zum Nachlass zu zählen ist und was vom Wert abgezogen werden kann.

Geht man in einem Beispiel davon aus, dass der Nachlass einen Wert von 260.000 Euro hat, dann würden sich die Kosten des Erbscheins auf rund 535,00 Euro belaufen. Hinzu kommt häufig eine Gebühr für die eidesstattliche Verfügung des Gerichts, die noch einmal genau so hoch ist. Auf diese Gebühren kommt dann noch die Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Im Beispiel eines Nachlasswertes würde sich also ein Betrag von 1273,30 Euro ergeben, die für den Erbschein entrichtet werden müssen.

Nachlasswert ermitteln: Das gehört dazu

Der Nachlasswert ist ein zentraler Begriff im Kontext des Erbrechts und bezieht sich auf den Gesamtwert aller Vermögenswerte und Schulden, die eine Person hinterlässt, wenn sie verstirbt. Er repräsentiert das finanzielle Vermächtnis, das den Erben zur Verfügung steht, um die finanziellen Angelegenheiten des Verstorbenen zu regeln und den Nachlass unter den Begünstigten aufzuteilen.

Die Ermittlung des Nachlasswerts erfolgt durch eine detaillierte Inventur und Bewertung aller Vermögenswerte und Schulden des Verstorbenen. Dieser Prozess kann komplex sein und beinhaltet die Identifizierung von finanziellen Aktiva wie Bankkonten, Sparbüchern, Investitionen, Immobilien, Fahrzeugen, Schmuck, Kunstgegenständen und persönlichem Eigentum. Gleichzeitig müssen auch Verbindlichkeiten wie Darlehen, Hypotheken, Steuerschulden und andere finanzielle Verpflichtungen erfasst werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Nachlasswert den Nettovermögenswert des Verstorbenen zum Zeitpunkt seines Todes darstellt. Das bedeutet, dass die Summe der Vermögenswerte den Wert der Verbindlichkeiten subtrahiert. Dieser Netto-Nachlasswert bildet die Grundlage für die Berechnung der Erbschaftssteuer und für die Verteilung des Vermögens an die Erben gemäß dem letzten Willen des Verstorbenen oder den gesetzlichen Bestimmungen, wenn kein gültiges Testament vorhanden ist.

Die Ermittlung des Nachlasswerts erfordert in der Regel eine genaue und gründliche Prüfung aller relevanten Dokumente, wie Bankauszüge, Eigentumsnachweise, Schuldenbelege und andere finanzielle Unterlagen. In einigen Fällen kann es erforderlich sein, Schätzungen für den Wert bestimmter Vermögenswerte vorzunehmen, insbesondere wenn es sich um nicht-liquidierbare Vermögenswerte wie Immobilien oder Kunst handelt.

Diese weiteren Kosten können beim Beantragen des Erbscheins anfallen

Gerichtsgebühren: Die Hauptkosten beim Erbscheinantrag sind die Gerichtsgebühren. Diese Gebühren hängen von der Höhe des Nachlasswerts ab. In Deutschland werden sie in der Kostenordnung (KostO) festgelegt. Je höher der Wert des Nachlasses, desto höher sind die Gebühren. Die genaue Gebühr kannst du beim Nachlassgericht erfragen.

Anwaltskosten (optional): Es ist nicht unbedingt notwendig, einen Anwalt zu engagieren, um einen Erbschein zu beantragen. Wenn der Nachlass komplex ist oder Streitigkeiten zwischen den Erben bestehen, kann die Unterstützung eines Anwalts jedoch sinnvoll sein. Die Kosten für einen Anwalt variieren je nach Vereinbarung und können zusätzlich zu den Gerichtsgebühren anfallen.

Notarkosten (optional): Du kannst einen Notar in Anspruch nehmen, um erbrechtliche Dokumente zu erstellen und zu beglaubigen. Die Kosten für notarielle Dienstleistungen sind normalerweise höher als die Gerichtsgebühren. Wie bei Anwaltskosten variieren sie je nach Vereinbarung mit dem Notar.

Beglaubigungen und Kopien: Im Laufe des Erbscheinverfahrens kann es notwendig sein, bestimmte Unterlagen oder Dokumente zu beglaubigen oder Kopien anzufertigen. Diese Beglaubigungen und Kopien sind mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Fahrtkosten und Auslagen: Wenn du persönlich beim Nachlassgericht erscheinen musst oder Reisen zu Besprechungen mit Anwälten oder Notaren anfallen, entstehen Fahrtkosten und Auslagen, die ebenfalls zu berücksichtigen sind.

Gebühren für Veröffentlichungen: In einigen Fällen musst du Ankündigungen in öffentlichen Medien oder im Amtsblatt schalten, um mögliche Gläubiger oder unbekannte Erben zu informieren. Die Kosten für solche Veröffentlichungen sind zusätzliche Ausgaben.

Man sollte unbedingt betonen, dass die tatsächlichen Kosten stark von deiner individuellen Situation abhängen. Bei einem einfachen und klaren Nachlass können die Kosten niedrig sein. In komplexen Fällen oder bei Unstimmigkeiten zwischen den Erben können die Kosten erheblich steigen.

Bevor du den Erbschein beantragst, ist es ratsam, dich gut beraten zu lassen und die genauen Kosten mit einem Anwalt, einem Notar oder dem örtlichen Nachlassgericht zu klären. Vergleiche verschiedene Angebote, um sicherzustellen, dass du die besten Konditionen erhältst. Beachte, dass die genauen Kosten und Verfahren in den verschiedenen Bundesländern Deutschlands leicht variieren können.

Erbschein Kosten umgehen: Ist das möglich?

Es gibt Situationen, in denen es möglich ist, die Kosten zu umgehen oder zumindest zu minimieren. Hier sind einige Wege, wie dies erreicht werden kann:

Verzicht auf den Erbschein: In einfachen Fällen, in denen keine Streitigkeiten unter den Erben bestehen und der Nachlass überschaubar ist, kann auf den Erbschein ganz verzichtet werden. Dies ist vor allem dann möglich, wenn alle Beteiligten einverstanden sind und es klare schriftliche Dokumente wie Testamente oder Erbverträge gibt, die die Erbfolge eindeutig regeln.

Gemeinschaftliches Testament: Falls der Verstorbene und sein Ehepartner ein gemeinschaftliches Testament verfasst haben und darin die Erbfolge eindeutig geregelt ist, kann dies als Grundlage für die Verteilung des Nachlasses dienen. In diesem Fall könnte ein Erbschein entbehrlich sein.

Erbeinsetzung durch notarielles Testament: Ein notarielles Testament bietet oft größere Sicherheit und Klarheit. Wenn der Verstorbene ein solches Testament verfasst hat, in dem die Erben eindeutig benannt sind, kann ein Erbschein unter Umständen überflüssig sein.

Erbschaftsverzicht: Erben können auf ihr Erbe verzichten, was bedeutet, dass sie auf ihren Anspruch auf den Nachlass verzichten. Dies ist eine Möglichkeit, um die Kosten für den Erbschein zu umgehen. Der Verzicht muss jedoch in der Regel notariell beurkundet werden.

Einvernehmliche Lösungen mit den Erben: Wenn alle Erben einverstanden sind und es keine Meinungsverschiedenheiten gibt, können sie sich auf die Verteilung des Nachlasses ohne Erbschein einigen. Dies kann insbesondere in einfachen Fällen, in denen keine komplexen Vermögenswerte involviert sind, praktikabel sein.

Fazit

Der Grund weshalb überhaupt ein Erbschein beantragt werden muss, ist ohnehin ein sehr unerfreulicher Grund. Um dem Ganzen noch einen oben drauf zu setzen, kommen auch hierbei noch verschiedene Kosten auf einen zu. Damit man sich wenigstens im Vorhinein schon darauf einstellen kann, wie hoch diese Kosten ungefähr ausfallen können, hilft es, sich bereits im Vorhinein mit dem GNotKG zu beschäftigen. Anhand der Tabelle können die Kosten relativ einfach abgelesen und ermittelt werden. Mit etwas Finesse und den Tipps und Tricks, ist es unter Umständen auch möglich, die Kosten gänzlich zu umgehen oder wenigstens zu minimieren.

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