Nachlass im Internet – das Vererben von Zugängen und Passwörtern

Im Rahmen einer Erbschaft denken die meisten Erblasser nur daran, wen sie innerhalb ihres Testaments im Hinblick auf Guthaben, Vermögensgegenstände oder Immobilien bedenken möchten. Allzu häufig wird dabei allerdings vergessen, dass es insbesondere für Bank- oder Wertpapierguthaben in der Regel erforderlich ist, dass die Erben den Zugang zum entsprechenden Konto oder Depot kennen. Aber auch in anderen Bereichen sind Passwörter und Zugänge wichtig, zum Beispiel für eine Cloud, in der viele Erinnerungen in Form von Fotos oder Videos hinterlegt sind. Deshalb sollten Erblasser auf jeden Fall daran denken, im Rahmen der Nachlass Regelung auch Passwörter und Zugänge nicht außer Acht zu lassen.

Jährlich mehrere Milliarden Euro an Erbmasse in Deutschland

Jedes Jahr werden in Deutschland Guthaben und Vermögensgegenstände im Gesamtwert von mehreren Milliarden Euro vererbt. Ein großer Teil des Erbes ist für die entsprechenden Erben sogar steuerfrei, denn die Erbschaftssteuerfreibeträge sind vor allem für nahe Angehörige wie Kinder und Ehepartner relativ hoch und bewegen sich im Bereich von mehreren Hunderttausend Euro. Bei den meisten Erbschaften spielen nahezu ausschließlich Vermögenswerte und Guthaben auf Konten eine Rolle, sodass die folgenden Sachwerte und Guthaben hierzulande am häufigsten vererbt werden:

  • Schmuck und Uhren
  • Antiquitäten
  • Bilder
  • Autos
  • Immobilien
  • Guthaben auf Bank- und Wertpapierkonten
  • Edelmetalle in Form von Münzen und Barren
  • Briefmarken
  • Sammlerwerte

Übe viele dieser Vermögenswerte können die entsprechenden Erben anschließend sofort verfügen, indem sie beispielsweise aus dem Bestand Goldmünzen verkaufen. Insbesondere bei Guthaben und auch Wertpapieren ist es allerdings immer öfter der Fall, dass für eine Verfügung ein Online-Zugang und ein Passwort notwendig sind. Ohne die entsprechende Identifizierung ist es dann oft nicht möglich, über die entsprechenden Guthaben oder sonstigen Werte Verfügungen vorzunehmen.

Was gehört zum sogenannten Online-Erbe?

Aus den genannten Gründen sollten Erblasser unbedingt daran denken, nicht nur ihre Vermögensgegenstände im Testament zu erwähnen. Darüber hinaus kann es von großer Bedeutung sein, dass Passwörter, PINs und sonstige Zugänge im Rahmen der sogenannten Online-Zugänge den Erben mitgeteilt werden. In dem Zusammenhang solltest du insbesondere an Zugangsdaten denken, wie zum Beispiel deinen Benutzernamen und das Passwort für deinen E-Mail Account. Zudem musst du auf zahlreichen Internetseiten ebenfalls deine Zugangsdaten erfassen, wie zum Beispiel:

  • Online-Shops
  • eBay Account
  • Amazon-Account
  • Cloud für Daten, Fotos und Videos
  • Mobilfunknummer nebst PIN

Darüber hinaus musst natürlich ebenfalls die Adresse der Webseiten dokumentieren, damit entsprechende Erben dort überhaupt die Möglichkeit haben, auf Konten oder sonstigen Werte zugreifen zu können. Die Mobilfunknummer nebst PIN und somit der Zugang zum Smartphone sind deshalb wichtig, weil die Zugänge auf Webseiten im Rahmen der sogenannten Zwei-Faktor Authentifizierung häufig extern bestätigt werden müssen, indem du zum Beispiel eine SMS auf das Smartphone erhältst.

Welche Guthaben gibt es überhaupt im Internet?

Zugehörige Passwörter sind natürlich in erster Linie für Erben dann relevant, wenn hinter den entsprechenden Webseiten ein Guthaben steht. Zwar kannst du dich als berechtigter Erbe oft an den Anbieter der Website wenden und eventuell die entsprechenden Zugangsdaten erfragen. Dies ist allerdings sehr umständlich und mit einem höheren Zeitaufwand verbunden, weil du dann zum Beispiel in der Regel einen Erbschein vorlegen und damit deine Berechtigung nachweisen musst. Zu den typischen Guthaben, die sich hinter verschiedenen Webseiten verbergen, zählen insbesondere:

  • Guthaben bei Banken, zum Beispiel auf einem Fest- oder Tagesgeldkonto
  • Wertpapierguthaben im Depot
  • Guthaben im Bereich Casino und Sportwetten
  • Guthaben von Cryptocoins auf einem Wallet

Insbesondere bei den sogenannten Wallets, auf denen die Guthaben in Form von Kryptowährungen gespeichert werden, ist es unumgänglich, die Zugangsdaten zu haben. Zum einen können sich auf einen solchen Wallet hohe Gegenwerte befinden. Zum anderen gibt es kaum eine Chance, dass du den Zugang vom Anbieter erfährst, weil es sich dabei größtenteils eher um „anonyme“ und absolut externe Services handelt. Du hast also normalerweise keine Möglichkeit, ohne den sogenannten public und den private Key einen Zugang auf das Wallet zu erhalten.

Zugang zu Websites ohne materiellen Gegenwert ebenfalls wichtig

Beim Vererben geht es nicht nur um solche Zugänge im Internet, hinter denen sich Sachwerte und insbesondere Guthaben verbergen. Darüber hinaus gehört es ebenfalls zum digitalen Nachlass, dass die Erben einen Zugang zu Webseiten erhalten, auf denen viel über den Erblasser zu erfahren ist oder auf denen beispielsweise Fotos, Videos und Kommentare gespeichert sind. Deshalb solltest du beim Regeln deines Nachlasses insbesondere auf die folgenden Webseiten achten, die von Millionen Bundesbürgern regelmäßig genutzt werden:

  • Social Media wie Twitter, Facebook und Instagram
  • Amazon
  • eBay
  • YouTube
  • Cloud Speicher
  • PayPal

Zwar gehört beispielsweise das Facebook Account zum immateriellen Erbe, weil dort natürlich keine Guthaben und Vermögenswerte hinterlegt sind. Trotzdem möchtest du vielleicht einen Einblick haben, was der Verstorbene auf seinem entsprechenden Social Media Account gepostet hat und zudem die Möglichkeit nutzen, dieses Konto weiterhin aktiv zu gestalten.

Wie gebe ich Passwörter und Zugänge am besten weiter?

Nachdem du nun weißt, wie wichtig auch der digitalen Nachlass und die damit zusammenhängende Weitergabe von Online-Zugängen und Passwörtern ist, stellt sich nur noch die Frage, auf welchem Weg du deinen Erben diese interessanten Informationen zugänglich machen kannst. Am sichersten ist es, wenn du deine Passwörter tatsächlich auf einem Blatt Papier notierst und dies beim Notar hinterlegst. Das hat den Vorteil, dass dadurch sichergestellt wird, dass tatsächlich nur die Erben einen Zugang zu deinen Passwörtern und Daten erhalten. Der Nachteil ist, dass für die Hinterlegung beim Notar Kosten anfallen und es sich um eine relativ zeitaufwendige Option handelt.

Eine Alternative könnte darin bestehen, dass du die entsprechenden Zugangsdaten und Passwörter in deinem Testament erwähnst. Der Nachteil ist, dass natürlich durchaus auch eventuell Unbefugte einen Zugriff zu deinem Testament erhalten und damit ebenso zu den Passwörtern und Zugängen. Zudem änderst du vielleicht zu Lebzeiten deine Zugänge häufiger, sodass du dann jedes Mal ein neues Testament aufsetzen musst.

Eine recht moderne Option sind demgegenüber sogenannte Online-Safes. Diese gibt es in Form einer bestens gesicherten Cloud, innerhalb derer du persönliche Daten speichern kannst, also auch Passwörter und Zugänge. Dementsprechend brauchen die Erben dann lediglich den Zugang zu dieser Cloud und erhalten dadurch automatisch sämtliche Passwörter und Zugänge zu Internetseiten, die du eben in der Cloud hinterlegt hast.

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